Anbau von Kartoffeln


Kartoffeln sind aufrecht oder kletternd wachsende, krautige Pflanzen, die über 1 m hoch werden können. Die Sprossachse ist manchmal vierkantig, teilweise sogar geflügelt. Unterirdisch oder knapp über der Oberfläche bildet die Pflanze knollentragende Stolone aus.

Die wechselständig stehenden Blätter sind unpaarig gefiedert, kurz-stielig und werden 10 bis 30 cm lang und 5 bis 15 cm breit. Die Teilblätter sind leicht bis stark behaart, stehen sich gegenüber oder sind wechselständig, oft von unterschiedlichster Form und Größe. Die größeren Teilblätter besitzen zum Teil eigene Blattstiele, sind zwischen 2 bis 10 cm lang und 1 bis 6 cm breit. Sie sind eiförmig bis länglich-eiförmig, an der Spitze zugespitzt bis stark zugespitzt. Die kleineren Teilblätter besitzen eine stumpfere Spitze, mit einer eher herzförmigen Basis, meist eiförmig bis kugelförmig und besitzen einen Durchmesser von 2 bis 15 mm.

Die Blüten stehen in trugdoldenförmigen Blütenständen. Die Blütenstandstiele sind 5 bis 15 cm lang und behaart, die Blütenstiele sind ebenfalls behaart und 3 bis 35 mm lang. Der Blütenkelch ist glockenförmig, 5-lappig und hat einen Durchmesser von 1,5 bis 2 cm. Die Kelchlappen sind spitz bis stark zugespitzt. Die Kronblätter sind weiß bis blau, die Krone ist doppelt so lang wie der Kelch und hat einen Durchmesser von 3,5 bis 4 cm. Die gelben Antheren stehen frei, aufrecht und porig. Die Frucht ist eine gelblich-grüne, zweikammerige Beere mit vielen Samen.

Die Keimung erfolgt epigäisch. Am Beginn treten nur die Wurzelanlage und das Hypokotyl aus der Samenschale hervor, während die Keimblätter zunächst noch in ihr verbleiben. Erst später verlassen auch sie die Samenschale, ergrünen und werden zu den ersten Assimilationsorganen. Die zunächst gebildeten Primärblätter sind noch einfacher gebaut als die später gefiederten Folgeblätter.

An den basalen Teilen des Sprosses treiben Achselknospen aus, die in den Boden eindringen und dort waagrecht (plagiotrop) ausläuferartig weiterwachsen und werden zu den Stolonen. Anstatt Laubblättern tragen sie Schuppenblätter. Die Enden dieser Ausläufer verdicken sich und wandeln sich in die Knollen um. Es handelt sich hierbei um ein primäres Dickenwachstum. Es sind also Sprossknollen. Die Knolle besitzt nur kleine, schuppenartige Blätter, die jedoch hinfällig sind, also früh abfallen. In den Achseln der Blattnarben sitzen die Knospen (hier Augen genannt), aus denen die Knolle nach der Ruhephase wieder austreibt. Die Knolle ist polar differenziert: Die Basis, das der Mutterpflanze zugewendete Ende, wird Nabelende genannt. Es ist die Ansatzstelle des Ausläufers, der nach Reifung der Knolle zugrunde geht. An der Spitze sitzt die Endknospe in einer grubenartigen Vertiefung. Beim Wiederaustrieb wächst bevorzugt die Endknospe aus, die dann senkrecht (orthotrop) wachsend einen Luftspross bildet.

In den Schalen der Kartoffel konzentrieren sich Alkaloide, unter anderen Solanin, die eine natürliche Abwehrbarriere zum Beispiel gegen Bakterien und Insekten bilden.



Die Geschichte der Kartoffel

Die Kartoffel gehört zu der artenreichen Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae). Aus der Familie der Solanaceae sind außer der Kartoffel weitere wichtige Kulturpflanzen wie Tomaten, Auberginen, Paprika und Tabak hervorgegangen. Neben dem Brotgetreide ist die Kartoffel heute eine wichtige Grundlage für die Ernährung der Menschen in Mitteleuropa.

 

Die Heimat der Kulturkartoffel liegt im Bereich der süd- amerikanischen Anden. Kartoffeln wurden bereits in der Zeit 8000 bis 5000 v.Chr. von der indianischen Urbevölkerung genutzt und zwischen 900 und 600 v.Chr. in Kultur genommen.

 

Einen Aufschwung erlebte die Kartoffel aber erst, als die Inkas im 13. Jahrhundert die Herrschaft in den Andenstaaten übernahmen. Seit dieser Zeit wurden viele Gebiete, die wegen ihrer großen Trockenheit nicht für den Pflanzenbau geeignet waren, durch ein kunstvoll angelegtes Bewässerungssystem in fruchtbares Kartoffelanbauland verwandelt. Unter Ausnutzung der klimatischen Gegebenheiten stellten die Inkas eine Art Trockenkartoffel, das Chuno her. Diese Trockenkartoffel war mehrere Jahre haltbar. Sie kann als erstes Kartoffelverarbeitungsprodukt überhaupt angesehen werden.

 

Das Inkareich wurde 1529 - 1535 durch die Spanier unter Pizzaro erobert und versklavt - auf der Suche nach Gold und Silber. Für die Spanier war die Kartoffelpflanze nichts weiter als ein exotisches Mitbringsel zu all dem geraubten Gold.

 

Wann, wie und durch wen die Kartoffel nach Europa kam, ist bis auf den heutigen Tag nie ganz genau geklärt worden. Allgemein gilt 1555 als das Jahr, in dem die Kartoffel aus den Anden nach Spanien kam.

Lange Zeit wurde der legendäre englische Seefahrer Sir Francis Drake als erster „Importeur" der Kartoffel nach Europa verehrt. Wahrscheinlicher ist, daß ein Zeitgenosse Drakes, der berühmte Seefahrer und Entdecker Walter Raleigh (1552 - 1618) die Kartoffel in Irland eingeführt hat.

 

In Deutschland wurde die Kartoffel erstmals durch den Botaniker Clusius im Jahre 1588 erwähnt. Zunächst wurde die Kartoffel wegen ihrer Blüte als Zier- und Gartenpflanze angebaut. Es vergingen rund 200 Jahre bis die unterirdischen, verdickten Sproßteile, die als Speicher für die Reservestoffe (Stärke) der Pflanze dienen, als Nahrungsmittel eingesetzt wurden.

 

In Württemberg wurden Kartoffeln bereits 1701 nachweisbar in dem Waldenser Ort Schönenberg bei Maulbronn zu Nahrungszwecken angepflanzt. Der Kaufmann Antoine Seignoret brachte im April 1701 dem Waldenser Pfarrer Henri Arnaud 200 Kartoffeln. Der Pfarrer pflanzte sie in seinem Garten und erntete 2000 Stück. An jedes der 15 Waldenser Orte hat er 100 Stück zum weiteren Anbau verschenkt.

 

Friedrich der II. (1712 - 1786), der Alte Fritz, erkannte, daß die neue Frucht eine entscheidende Abhilfe für die immer wieder auftretenden großen Hungersnöte versprach, und traf energische Maßnahmen zur Einführung der Kartoffel in Pommern und Schlesien. 1744/45 ließ er die Kartoffel in einer großen Kampagne in ganz Preußen kostenlos verteilen.1756 machte er den Kartoffelanbau zur Pflicht.

 

Im Siebenjährigen Krieg (1756 - 1763) gelang der Kartoffel dann der Durchbruch als Grundnahrungsmittel. Aus dieser Zeit stammt sicher auch der militärische Spruch: „Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln".

Natürlich kann die Geschichte der Kartoffel in Europa nicht geschrieben werden, ohne die Irrtümer zu nennen, die sie auf dem Weg ihrer Ausbreitung begleiteten. Häufig kam es vor, daß die Menschen nicht die Knollen, die in der Erde wuchsen, verzehrten, sondern die Beeren oberhalb und sich dabei schwere Vergiftungen zuzogen.

 

Oder es wurde behauptet, die Kartoffel sei aus dem Speichel des Teufels entstanden und beherberge die Sünde. Auch der geistliche und sittliche Niedergang der Kartoffelesser wurde prophezeit.

Die Verbreitung der Kartoffel brachte einschneidende Veränderungen der Eßgewohnheiten in Deutschland mit sich. Abgesehen vom Brotverzehr wurde die übrige Getreidekost fast vollständig verdrängt.

Für die im Industriezeitalter schnell wachsende Bevölkerung wurde die Kartoffel bei sonst zu verzeichnender Nahrungsmittelknappheit zu einer preiswerten Nahrungsquelle.

 

So rasant wie sich der Aufstieg der Kartoffel im letzten Jahrhundert vollzog, so dramatisch ist der Rückgang des Verzehrs in der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts. Noch 1890 wurde der Sättigung halber ca. 1 kg Kartoffeln pro Kopf und Tag verzehrt. Heute liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch bei ca. 200 g Kartoffeln pro Tag. Der Anbau im eigenen Garten ist nicht miteinbezogen.

 

Etwa 40% der verzehrten Kartoffeln sind „veredelte" Kartoffelerzeugnisse, wie z.B. Pommes frites, Knödelpulver und Kartoffelchips.


Kurioses rund um die Kartoffel

Tüfte, Potacke, Bodaggn, Knulle, Grumbeere, Grumbiere, Grombiera, Gromper oder Krumpa, die Kartoffel hat in Deutschland viele Namen. Eigentlich leitet sich der Name Kartoffel von dem italienischen Wort tartufo für Trüffel ab. Die ersten Kartoffeln waren nur etwa walnussgroß und erinnerten in ihrem Aussehen stark an Trüffel.

Ihre Beliebtheit verdankt die Knolle dem alten Fritz (Friedrich der Große, 1712-1786). Dieser sorgte vehement dafür, dass seine Bevölkerung die Kartoffeln anbaut. Dabei scheute er keine Mühen. Er ließ sogar seine Kartoffelfelder vom Heer überwachen, um das Interesse der Leute zu wecken. Dies ist ihm wahrhaftig gelungen. Die Menschen wunderten sich, warum ihr König die Felder bewachen ließ und klauten sich die „wertvolle“ Frucht, um sie auch auf ihrem Acker anpflanzen zu können. Die Garde schaute derweilen weg. Um nun den Absatz zu sichern, mussten die Städter davon überzeugt werden, dass die Kartoffel eine Delikatesse war. Da Fritz wahrhaftig nicht auf den Kopf gefallen war, ließ er sich auf seinen Städtereisen in Mark-Brandenburg und Schlesien öffentlich Kartoffeln servieren. Schon einige Jahre später, im Siebenjährigen Krieg von 1756 bis 1763, war die Kartoffel das Grundnahrungsmittel Nummer eins. Nicht zuletzt dadurch, weil Friedrich der Große im Jahre des Kriegsbeginns die Bauern zum Anbau der Kartoffel verpflichtete. Der alte Fritz hat somit einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Hungernöte geleistet. Auch in Irland verdoppelte sich die Bevölkerungszahl durch die Kartoffel innerhalb von 40 Jahren auf gut 8 Millionen Menschen im Jahre 1841.

Im Jahre 1950 lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Speisekartoffeln bei 202 kg. Gut ein halbes Jahrhundert später, im Jahr 2005, waren es nur noch 67 kg. Dies zeigt, dass die Kartoffel heutzutage in der täglichen Ernährung der Menschen keinen so großen Stellenwert mehr besitzt, obwohl sie ein wunderbares und vielseitiges Lebensmittel ist.

Mittlerweile hat die Kartoffel noch andere Zwecke zu erfüllen. An der Arizona State University wurde eine Gen-Kartoffel entwickelt, die den Impfstoff gegen Hepatitis B enthält. Tests an Menschen zeigten bereits Erfolg. Trotzdem werden sie zukünftig wohl kaum eingesetzt, da das Risiko einer Vermischung mit normalen Kartoffeln zu hoch ist und somit der Verkauf in Geschäften wahrscheinlich wäre. Eigentlich sollte die Impf-Kartoffel eine billige Alternative für ärmere Länder sein.

 

Übrigens: Wussten Sie, dass es bis in die 60-er Jahre noch Kartoffelferien gab? Jeder, ob groß oder klein, musste bei der Kartoffelernte helfen.